Manchmal stößt man auf Landsleute an Orten, wo man es nicht vermutet hätte. Der Bummel über den beschaulichen Friedhof von Ambleside im englischen Lake District führt zu einem schlichten grauen Granitstein mit dieser Inschrift:
KURT
SCHWITTERS
1887 – 1948
CREATOR OF MERZ
Sollte zu Fuße der St. Mary’s Church wirklich einer der bekanntesten deutschen Dadaisten begraben liegen?
Tatsächlich ist Schwitters 1937 vor den Nazis über Norwegen nach London und dann nach Elterwater im Lake District geflohen. Hier hat er sogar begonnen, seinen über 20 Jahre in der elterlichen Wohnung in Hannover errichteten Merzbau zu rekonstruieren (der „Merz Barn“ ist auf Anfrage zu Besichtigungen geöffnet). Das Original, das als Hauptwerk im vielseitigen Oevre Schwitters gilt, wurde im Krieg bei einem Bombenangriff zerstört. Eine Rekonstruktion steht im Sprengel Museum Hannover.
Die Elterwater-Variante konnte der Künstler nicht mehr vollenden. Er starb 1948 an einem Lungenödem. Die Kunstwerke (inklusive einer kompletten Wand) konnten gerettet werden und befinden sich inzwischen in der Universität Newcastle. Erst 2011 wurde die Royal Academy in London auf Schwitters britische Merz-Kunst aufmerksam und rekonstruierte die Steinhütte (Video) aus Elterwater im Eingangsbereich des Museums.
Nach dem Krieg scheint Schwitters bei den Engländern allerdings kein vergleichbarer Ruhm zuteil geworden zu sein. Erst 19 Jahre nach seinem Tod bekam das Grab einen Stein, jenen, der hier zu sehen ist. Drei Jahre darauf wurde dann das, was vom Dadaisten nach 22 Jahren Friedhofsruhe übrig blieb, nach Hannover überführt. Es soll ja Leute geben, die dort an der Leine begraben sein wollen. Immerhin: Den Stein von Ambleside hat man stehen lassen.
Die Lake-District-Bilder zum Download in HighRes gibt es auf einer -> Extra-Seite
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